In der Frontal 21 Sendung vom 9. Juni 2015 nähern sich die Redakteure Christian Esser und Daniela Schmidt-Langels in ihrem Beitrag „Schulsterben- in Deutschland – Bildungsrepublik ohne Bildung“ dem wichtigen Thema Schulschließungen auf dem Land und werfen dem Gutachterbüro Biregio aus Bonn vor, der Politik Gefälligkeitsgutachten zu Dumpingpreisen zu erstellen. Die beiden Autoren verschweigen dabei jedoch für die Geschichte elementare Zusammenhänge und müssen sich Fragen zur journalistischen Qualität des Beitrags gefallen lassen. Inwiefern die "Richtlinien für die Sendungen und Telemedienangebote des ZDF" (insbesondere Abschnitt III Absatz 4 und 6) missachtet wurden kann letztlich wohl nur der Presserat klären.
Im Folgenden zitiere ich jeweils das vom ZDF herausgegebene Manuskript der Sendung und kommentiere die aus meiner Sicht problematischen Stellen. Man könnte den Beitrag auch an verschiedenen Stellen wegen seiner reißerischen Grafiken und falschen Karten (Flandern und Wallonien sind keine getrennten Staaten!) kritisieren aber hier soll es nur um die „harten Fakten“ gehen.
DISCLAIMER:
Ich arbeite für ein Hamburger Ingenieurbüro, welches z.T. ähnliche Themenfelder wie das im Beitrag genannte Büro Biregio bearbeitet. Bisher bin ich für keine der im Beitrag genannten Personen oder Kommunen tätig gewesen und wohne nicht in den gezeigten Regionen. Die im Beitrag bemängelten Gutachten sind mir nicht bekannt und meine Kritik bezieht sich auf die Art der Berichterstattung. Dieser Beitrag gibt meine persönliche Meinung wieder.
Falls man meinem Text anmerkt, dass ich meine Branche angegriffen sehe: Das ist beabsichtigt...
00:13 - die Mütter
Beide Mütter sind in der Bürgerinitiative "Unser Lilienthal unsere Grundschule“ aktiv, die gegen die Schließung der Grundschulen protestiert. Es ist völlig ok, mit diesen O-Tönen in den Bericht einzusteigen, aber es wäre für einen ausgewogenen Beitrag durchaus interessant, dies den Zuschauern mitzuteilen.
Frau Borgmeier ist die Ehefrau von Carsten Borgmeier welcher wiederum Inhaber der Borgmeier Medien Gruppe ist. Diese mit einem großen Portfolio im Public Relations Bereich tätig. So z.B. auch im Bereich der Krisenkommunikation. Frau Borgmeier hat zumindest zeitweise den Standort der Agentur in Lilienthal geleitet und ist vom Fach. Diesen Umstand musste Frontal 21 meiner Ansicht nach nicht erwähnen - es erklärt lediglich die professionelle Pressearbeit der Bürgerinitiative.
01:00 - die Oppositionspolitikerin
Fr. Ruczynski wollte 2011 Bürgermeisterin werden, hatte jedoch aus der eigenen Partei zu wenig Rückendeckung und trat deshalb nicht gegen den nun amtierenden Bürgermeister an, der später im Beitrag als „Schulschließer“ dargestellt wird. Nicht unbedingt die beste Quelle, um sich eine ausgewogene Meinung zu einer Ratsentscheidung zu holen. Aber hey – sie hat „Heuschrecke“ gesagt!
01:21 - die Beratungsfirma
Zur Einordnung: Die Firma ist in ganz Deutschland unterwegs und das ist auch kein Wunder: Schulentwicklungspläne sind komplex in Ihrer Herstellung und werden gleichzeitig nur alle paar Jahre aktualisiert. Viele kleinere Kommunen haben durch jahrelanges Sparen kein Personal mehr, was ohne externe Expertise einen solchen Plan erstellen kann. Ein Büro welches sich auf dieses Thema spezialisiert muss deutschlandweit tätig sein um überhaupt genug Auftragsvolumen generieren zu können.
Dann gibt also kritische Stimmen in der Lokalpresse. Das überrascht nicht, denn der Job der Firma ist es, sich mit einem hochgradig emotionalen Thema zu befassen. Gutachten werden aus exakt diesem Grund erstellt: Es sollen Analysen abseits vom Bauchgefühl und der politischen Agenda einzelner Akteure angefertigt werden. Die Quellen der Zeitungsüberschriften nennt Frontal 21 nicht.
02:00 - der erste Experte
Für den Bericht notwendig ist nun die Einschätzung mehrerer Experten, die das Thema fundiert und neutral beleuchten. Quasi ein Gutachten über den Gutachter. Zunächst wird der Volkswirtschaftler Stefan Traub interviewt, und in der Anmoderation erwähnt, dass er Lilienthal wohnt.
Der Interviewausschnitt verblüfft: Ein Professor der Volkswirtschaft mit dem Schwerpunkt Statistik/Ökonometrie soll Probleme mit einem zahlen- und grafiklastigen Bericht haben? Das ist unwahrscheinlich. Er bemängelt, dass die Studie zu 90% Daten der Kommune verwendet und mit diesen in Excel gearbeitet wurde. Es ist davon auszugehen, dass hier nur ein sehr kleiner Teil eines eigentlich längeren Interviews durch Frontal 21 verwendet wurde.
Meiner Ansicht nach verwundert es nicht, wenn ein Gutachten zur Schulentwicklungsplanung sich vor allem auf kommunale Daten, z.B. des Melde- oder Schulregisters stützt. Ob diese Daten "jeder sowieso wusste" kann ich für den speziellen Fall nicht beurteilen. Aber offen gefragt: Kennt der Leser dieses Artikels z.B. die exakte Bevölkerungszahl und Altersstruktur seines eigenen Stadt- oder Ortsteils?
Auch frage ich mich welche Software denn eigentlich deutlich besser gewesen wäre als eine Software zur Tabellenkalkulation? Es ist leider ein Fakt, dass viele Kommunen schon mit Excel-Tabellen überfordert sind, die speziellere Funktionen der Software benutzen. Einem Gutachter die Nutzung von Excel vorzuwerfen ist in etwa so, als ob man einem Maurer die Nutzung seiner Kelle vorwirft.
Nüchtern betrachtet sehe ich in diesem Interviewausschnitt nicht, dass sachliche oder methodische Fehler im Gutachten der Firma Biregio angesprochen werden. Jedoch wird durch die Auswahl der entsprechenden Stelle durch Frontal 21 suggeriert, dass Gutachter sich keine Arbeit gemacht hätte.
Aus meiner Sicht wäre es eine für den Zuschauer wichtige Information gewesen, dass Herr Traub zwei Kinder hat und ebenfalls in oben genannter Bürgerinitiative aktiv ist. Für den Beitrag wird ihm, durch Bildauswahl, Anmoderation und Bauchbinde durch Frontal 21 die Rolle eines neutralen Experten zugewiesen. Unabhängig von seiner fachlichen Qualifikation, um die es hier nicht geht und die ich nicht bewerten möchte, ist er jedoch eben auch ein betroffener Vater. Er hat natürlich in dieser Funktion jedes Recht, schockiert über die drohende Schließung der Grundschule und das Gutachten zu sein.
Quelle: http://www.unserlilienthal-unseregrundschulen.de/
Update vom 20.06.2015: Laut den unten stehenden Quellen arbeitet in einer der Schulen, deren Schließung zur Diskussion steht, Frau Sandra Traub als pädagogische Hilfskraft. Im Telefonbuch gibt es in Lilienthal unter dem Namen Traub nur einen Eintrag: "Traub Sandra u. Stefan Dr.". Unabhängig vom Inhalt von Herrn Traubs Kritik: Frontal 21 hätte aus meiner Sicht diese Verbindung nicht verschweigen dürfen.
Quelle: http://www.gs-frankenburg.de/index.php?id=7
Quelle: http://www.iawa-online.org/archiv/rundeumrunde.pdf
02:42 - die Datenanalyse
Nun also zum eigentlichen Inhalt der Gutachten von Biregio immerhin wurden diese ja von den Autoren laut Aussage von Frontal 21 „gründlich geprüft“. Der Hinweis, dass das finale Gutachten im Fall der Gemeinde Lilienthal noch gar nicht vorliegt sondern lediglich Powerpointfolien aus den jeweiligen Gremiensitzungen fehlt hier als Einordnung.
Für diese Prüfung wurde von Frontal 21 die von der mir sehr geschätzte Datenjournalismusagentur OpenDataCity beauftragt. Diese hat 57 zufällig ausgewählte und Gutachten der Firma Biregio analysiert und darin identische Textblöcke gefunden. Laut Aussage des Beitrages wären bis zu 60% des Textes in den Gutachten identisch.
60% Übereinstimmung im Text klingen in jedem Fall beeindruckend!
Dennoch denke ich, dass hier der Sachverhalt nicht korrekt dargestellt wurde. Der Gutachter hat für die Erstellung seines Gutachtens einen rel. umfangreichen Datensatz ausgewertet bzw. mit diesem gerechnet. Diese Rechenwege sind, wie schon beschrieben, bei den meisten Schulentwicklungsplänen nahezu identisch:
Man nimmt die Eingangsdaten zu Geburten, Sterbefällen, Zu- und Wegzügen und schätzt daraus die zukünftige Bevölkerungsentwicklung ab. Dann schaut man, wie viele Kinder wohl im schulpflichtigen Alter dabei heraus kommen und errechnet für die bestehenden Schulen mögliche Auslastungsvarianten für die kommenden Jahre. Ein wichtiger Punkt solcher Gutachten sind also Rechenoperationen und die dahinter liegenden Annahmen und Eingangsdaten. In einem Gutachten muss daher vor der Darstellung der Ergebnisse sehr ausführlich beschrieben werden, wie genau gerechnet wurde. Dieser „Methodikteil“ darf und wird sich zwischen den einzelnen Gutachten nicht unterscheiden. Ansonsten würde in Nordwestmecklenburg ggf. anders gerechnet werden als in Rheinland-Pfalz. Dies wäre nicht im Sinn der Auftraggeber.
Größere Übereinstimmungen zwischen den Gutachten sind aus meiner Sicht daher völlig in Ordnung (über die Prozentzahl kann man natürlich gern diskutieren). Entscheidend sind meiner Meinung nach eben nicht unbedingt die methodischen Erläuterungstexte sondern die Rechenergebnisse, welche eher in Abbildungen als im Text zu suchen sind, sowie der Teil mit der finalen Ergebnisinterpretation. Ich versuche einmal, dies anhand von Arztbriefen zu beschreiben. In diesen wird mit einer sehr standardisierten Sprache der Zustand eines Patienten, die durchgeführten Behandlungen und Befunde sowie weitere Hinweise vom Klinikarzt an den Hausarzt übergeben. Die textlichen Übereinstimmungen zwischen den den Briefen dürften ebenfalls sehr hoch sein. Dennoch wird niemand bestreiten, dass der Hausarzt nach dem Lesen des Briefes individuell auf die Nachbehandlung des Patienten eingehen kann. Auf Nachfrage hat mit OpenDataCity bestätigt, dass die Ergebnisteile durchaus individuell geschrieben waren.
Noch einmal zur Klarstellung: Ich kenne die Gutachten des Büros Biregio nicht. Es kann durchaus sein, dass sie grobe Fehler aufweisen und mit einem zu geringen Aufwand erstellt wurden. Dann jedoch ist es die journalistische Pflicht von Herrn Esser und Frau Schmidt-Langels, diese Mängel und Fehler auch klar und detailliert zu benennen! Bis zu diesem Punkt des Beitrages ist dies meiner Meinung nach nur unzureichend passiert.
03:22 - der zweite Experte
Der erste Wissenschaftler ist Mitglied der Bürgerinitiative, die gegen das in dem Beitrag dargestellte Gutachten kämpft und die Datenanalyse kann aus meiner Sicht auch nicht hinreichend darstellen, welche Fehler das Gutachten haben soll.
Als nächstes wird der Wirtschaftswissenschaftler Prof. em. Rudolf Hickel befragt, der das Gutachten „sehr schlecht“ findet. Die Grundschulen hätten auch eine allgemeine Wirkung für die Lebensqualität eines Ortsteils und dies sei nicht in die Standortbewertung eingegangen:
Mit seiner Aussage mag Herr Hickel Recht haben, aber er spricht von einer „Entscheidung“ und diese liegt wie immer nicht beim Gutachter sondern bei der Politik: Gutachten dienen in der Regel dazu, die vorhandenen Daten so aufzubereiten, dass die Politik die Daten versteht und auf ihrer Basis eine Entscheidung herbei führen kann. Sie können Empfehlungen aussprechen aber niemals am Gemeinderat vorbei entscheiden.
Die Frontal 21 Redaktion versäumt es an dieser Stelle den Zuschauern mitzuteilen, dass auch Herr Hickel in Lilienthal, bzw. direkt nebenan, in Borgfeld, wohnt. Hieraus allein ist natürlich keine Nähe zur Bürgerinitiative und den Gegnern des Gutachtens abzuleiten. Dennoch wäre es meines Erachtens sinnvoll gewesen, einen auch räumlich zweifelsfrei nicht betroffenen Wissenschaftler mit der Untersuchung des kritisierten Gutachtens zu betrauen.
03:50 - der Gutachter
Nach so viel Kritik an seiner Firma und Person kommt Wolf Krämer-Mandeau, Leiter der Projektgruppe Biregio nun auch einmal, wenn auch kurz, zu Wort. Er wird damit konfrontiert, seine Gutachten zum „Schleuderpreis“ anzubieten. Wenig versteckt wird hier der Vorwurf erhoben, seine gutachterliche Sorgfaltspflicht zu verletzen und zu günstig zu sein, um gute Arbeit machen zu können.
Halten wir fest: Frontal 21 wirft nun einem Gutachter vor, einer hoch verschuldeten, sich in der Haushaltssicherung befindenden Kommune ein zu günstiges Angebot gemacht zu haben und weist darauf hin, dass es Konkurrenten gibt, die besagte Gutachten für 120.000 € anbieten. Von Frontal 21 wird jedoch nicht dargestellt , dass der Kostenrahmen für diese Untersuchung bei 50.000 € lag und das Angebot von Biregio fairerweise mit diesem Preisrahmen verglichen werden sollte. Dennoch war das Angebot zweifelsohne sehr günstig. Allerdings wird beispielsweise nicht verglichen, in welchen Leistungen sich die angebotenen Gutachten voneinander unterschieden hätten, ob also die teureren Angebote auch eine deutlich höhere Qualität gehabt hätten.
Herr Krämer-Mandeau bekommt kurz die Chance für eine Rechtfertigung und wird dann einem O-Ton von Prof. Rudolf Hickel gegenüber gestellt: Dieser fordert für den betreffenden Fall eine deutlich umfangreichere Analyse mit weiter gehenden Forschungsfragen. Implizit stellt er die Firma Biregio als unehrlich und unaufrichtig dar:
Einen Hinweis, was an dem Gutachten nun aber inhaltlich falsch sein soll – abgesehen von für Herrn Hickel zu eingeschränkten Forschungsfragen - bekommen wir leider immer noch nicht. Auch hier ist davon auszugehen, dass Frontal 21 nur einen Bruchteil eines deutlich längeren Interviews verwendet hat. Es ist sicherlich eine gute Idee eine komplexere Untersuchung anzustellen – allerdings muss man hier fairerweise auch auf die Haushaltssicherung bzw. den oben genannten Preisrahmen verweisen.
05:45 - der Bürgermeister
Weiter geht es mit dem Bürgermeister der Gemeinde Lilienthal: Dieser bestätigt nun, dass Schulschließungen in der Stadt zukünftig durchaus denkbar sind. Sofern das betreffende Gutachten keine Fehler gemacht hat (bis zu diesem Punkt lässt der Beitrag hierzu eine detaillierte Analyse vermissen) und die Schülerzahlen in den kommenden Jahren wirklich sinken werden erscheint mir diese Haltung in Anbetracht der schwierigen Haushaltslage der Kommune nicht gänzlich abwegig.
06:00 - der Bildungsforscher
Nun wird kurz der Bildungsforscher Prof. Klaus Klemm zu Wort gebracht.
Eingeleitet wird dieser O-Ton mit der Ansage, dass externe Gutachten oft Gefälligkeitsgutachten seien. Durch den direkten Schnitt in das merkwürdig aus dem Zusammenhang gerissen wirkende Zitat von Herrn Klemm wird seitens der Frontal 21 Redaktion suggeriert, dass Herr Klemm diese Aussage stützt.
Genau das sagt Herr Klemm aber gar nicht! Er weist lediglich darauf hin, dass es hilfreich sein kann, wenn offensichtliche Probleme, die niemand in einer Gemeinde hören will, von einer neutralen externen Person angesprochen werden. Um mal die Bildzeitung, auf deren Niveau dieser Teil des Beitrages leider dahin dümpelt, zu zitieren: „Jede Wahrheit braucht einen Mutigen, der Sie ausspricht“.
Update vom 12.6.2015: Herr Klemm hat wegen seiner offenbar vollkommen aus dem Zusammenhang gerissenen und in ihrer Anmoderation verdrehten Zitate eine Beschwerde an das ZDF geschrieben und das klärende Gespräch mit Biregio gesucht. Er verwehrt sich gegen die Darstellung, dass aus seiner Sicht viele Gutachten Gefälligkeitsgutachten seien.
06:26 das zweite Fallbeispiel
Bisher bezog sich die Kritik an der Firma Biregio nur auf das Beispiel Lilienthal. Dies wirkt doch sehr einseitig - speziell angesichts der Vielzahl von Gutachten, die das Büro bisher in vielen Teilen der Republik durchgeführt hat.
Gehen wir also nach Hagen in NRW, wo Biregio vor vier Jahren ein Gutachten erstellt hat. Hier wird zunächst eine Mutter zitiert, dass es keine Schule und keinen Einkaufsladen mehr in ihrem Ortsteil gibt. Auch hier liegt die Entscheidung für oder gegen eine Schulschließung letztendlich bei der Politik. Wenn der Einkaufsladen ebenfalls dicht macht, kann dies ein Indiz dafür sein, dass es dem Stadtteil schlichtweg an Menschen fehlt und die Einwohnerzahl rückläufig ist.
Wenn es einen starken Zuzug von außen und damit einen erhöhten Bedarf gibt, dann kann es durchaus Sinn machen, die Schule nicht zu schließen. Wie aber das vier Jahre alte Gutachten die aktuelle Flüchtlingswelle präzise auf den Stadtteil hin hätte vorhersagen sollen bleibt der Beitrag dem Zuschauer an dieser Stelle schuldig.
Update vom 12.06.2015: In Hagen wurden nicht wie von Frontal 21 im Beitrag behauptet bereits fünf sondern zwei Schulen auf Basis des Gutachtens von Biregio geschlossen - eine davon, wegen eines eingestürzten Daches.
07:31 - die eigene Recherche
Und wieder folgt ein kleiner Dateneinschub:
Die Rechercheleistung bezieht sich darauf, dass anscheinend die Werte für 2015 bei den Kultusministerien abgefragt wurden. Die Werte bis einschließlich 2014 sind auf dem Datenportal des Bundes direkt als Exceldatei verfügbar.
Quelle: http://www.datenportal.bmbf.de/portal/de/K231.html#chapters
08:15 - der Gutachter (zweiter Teil)
Weiter im Beitrag: Nun wieder ein kurzer O-Ton von Herrn Krämer-Mandeau:
Auch mir sind keine Studien bekannt, die einen empirischen Zusammenhang zwischen einer Schulschließung als Auslöser oder Beschleuniger für eine negative Einwohnerentwicklung gezeigt haben. Ich halte es aber nicht für unwahrscheinlich, dass es diesen Zusammenhang gibt. Falls es Studien gibt: Bitte melden, interessiert mich sehr!
08:31 - das dritte Fallbeispiel
Für das letzte Fallbeispiel geht es in den Norden der Republik.
Hier ist es an der Politik, die Mindestgrößen einer Klasse so zu definieren und die Mittel bereit zu stellen, dass Schulen auf dem Land eine Chance haben.
Was Frontal 21 nicht erwähnt, aber für den Beitrag als Hintergrundinformation aus meiner Sicht nicht unwichtig ist: Laut den Lübecker Nachrichten wurde die im Beitrag gezeigte Grundschule Anfang 2014 zeitweise gesperrt um die Kinder vor starkem Schimmelbefall des Gebäudes zu schützen. Auch wird nicht dargestellt, dass bei der Schließung dieser Schule kein Gutachten der Firma Biregio zum tragen kam (was man aufgrund des bisherigen Berichtsaufbaus vermuten würde).
Quelle: http://www.ln-online.de/Lokales/Nordwestmecklenburg/Schimmel-Schule-in-Damshagen-gesperrt
Die Kinder müssen nun also bis nach Boltenhagen fahren und der Beitrag suggeriert, dass es sich hierbei um eine "lange Fahrt" handelt. Der Bus fährt unter der Woche um 7:13 ab "Damshagen Schule" ab und ist um 7:25 in "Boltenhagen Schule" - das Kind muss also 12 Minuten in einem Bus sitzen. Die Straßenentfernung zwischen den Schulen beträgt 7 km. Leider führt es häufig zu deutlichen Belastungen für die Schulkinder wenn die Schulentwicklungsplanung unabhängig von der Schülerverkehrsplanung gemacht wird.
Und wieder stellt sich die Frage, was nun der Gutachter dafür kann, dass die Busfahrpläne nicht auf den Schulbeginn optimiert werden. Denn einen Schulweg von 12 Minuten Dauer haben sicherlich sehr viel mehr Grundschüler in Deutschland und die halbe Stunde Wartezeit an der Schule müsste nicht sein, wenn die Schulanfangszeiten oder die Fahrpläne angepasst würden (was andere Kreise inzwischen tun).
Quelle: http://www.nahbus.de/wp-content/uploads/320-20140825.pdf
09:50 - das Finale
Der Beitrag endet mit folgendem Statement.
Wie im Bericht erwähnt wurde die Schule letztes Jahr geschlossen. Dies ist also sicherlich nicht der Grund, weshalb es längst kein Gasthaus und keine Feuerwehr gibt.
Was bleibt?
Letztlich mögen die Leser dieses Beitrages selbst entscheiden, was sie von dem dargestellten Fall halten. Bei mir bleibt ein schaler Beigeschmack bzgl. der journalistischen Qualitäten von Christian Esser und Daniela Schmidt-Langels und durchaus Respekt für die Medienarbeit der Bürgerinitiative "Unser Lilienthal - unsere Grundschulen" die es geschafft hat, einen knapp zehnminütigen Beitrag zu ihrem Thema zu einer akzeptablen Sendezeit im ZDF zu platzieren. Etwa eine Woche vor der wohl entscheidenden Sitzung im Schulausschuss und einen Monat vor der Gemeinderatssitzung, welche über die Schließung der Schulen entscheiden wird. Die Rufschädigung des Gutachters wurde dabei von Frontal 21 offensichtlich in Kauf genommen.